TEMPLE GRANDIN: WIRING
Ein Interview mitTemple Grandin von Harvey Blume


HB: Wenn man alle verschiedenen Varianten betrachtet, was würdest Du unterschreiben als Definition des Autismus?

TG: Autismus ist eine neurologische Störung. Ein Kind wird damit geboren. Er wird verursacht durch eine unreife Entwicklung im Gehirn -- das ist nachgewiesen worden durch Studien mit Hirnautopsien -- und nicht durch falsche Erziehung oder die Umwelt.

HB: Die kalten Eltern, die "Kühlschrank Mutter", wurden gewöhnlich als Ursache zitiert.

TG: Das ist definitiv nicht wahr. Es ist neurologisch bedingt.

HB: Hat man schon herausgefunden, welche Teile des Gehirns betroffen sind?

TG: Das Amygdala, das Emotionszentrum, und die niederen Teile des Gehirns -- das limbische System und das Cerebellum -- die die Bewegungen kontrollieren, und die zeitliche Abstimmung verschiedener Hirnareale synchronisieren. Es ist keine Beschädigung, wie etwa durch einen Tumor; es ist eine unreife Entwicklung. Die Schwere des Autismus variiert mit dem Grad der Unreife.
Einige Studien fanden extra 'Verschaltungen' in Teilen des Gehirns, die für das bildhafte Denken zuständig sind. Und autistische Gehirne tendieren dazu, minimal vergrößert zu sein. Es gibt einen Zeitpunkt in der Kindheit, wenn übermäßige 'Verschaltungen' gelöscht werden. Es wird 'synaptisches Löschen' genannt (Keine Ahnung, wie der deutsche Fachausdruck lautet...). Einige Forscher glauben, daß autistische Gehirn sei minimal größer, weil einiges synaptisches Löschen nicht statt fand.

HB: Also gibt es nicht nur Unterentwicklung, sondern auch Überentwicklung.

TG: In bestimmten Bereichen. Es ist, als sei ich ein Computer mit hundert Gigabyte Speichervolumen auf der Festplatte, hätte aber einen winzigen Prozessor. Man gibt einer Person mehr Speichervolumen - für den Preis der Rechenkapazität.
Wenn Du zu mir das Wort "Boot" sagst, sehe ich Bilder bestimmter Boote vor mir; ich habe kein Boot-Konzept. Nun,wie entwickle ich ein Boot-Konzept? Ich muß mir all die Bilder von bestimmten Booten in meinem Gedächtnis anschauenf, und dann fragen, was ist der gemeinsame Nenner, was haben alle diese Boote gemeinsam, daß alle Boote beschreibt? Nun, sie alle schwimmen auf dem Wasser, und werden zum Transport benutzt für verschiedene Zwecke.
Auch mein Denken ist assoziativ, nicht linear. Es ist wie das Surfen im World Wide Web.

HB: Denken wir nicht alle assoziativ?

TG: Einige Leute sind linearer als andere. Die meisten Leute sehen das generalisierte Bild eines Bootes, enn man ihnen das Wort "Boot" sagt. Einige verbal denkende Leute sehen überhaupt gar kein Bild.

HB: Du tust, was jeder tut, aber Du tust es bewußter. Du bist Dir Deiner eigenen Prozesse und Abläufe viel stärker bewußt.

TG: Das stimmt, meine Prozesse laufen nicht versteckt ab. Die einzigen Dinge in meinem Denken, die ich nicht sehe, sind Dinge, wie zum Beispiel die Abläufe für das Gehen.

HB: Fühlst Du Dich durch die Tatsache, daß Deine mentalen Prozesse Dir sichtbarer, irgendwie mechanischer?

TG: Einige der Wissenschaftler, die an künstlicher Intelligenz arbeiten glauben, daß sie einen Computer bauen können, der das Gehirn imitiert/dupliziert. Eine Menge Leute sagen, daß sie das nicht können. Ich fühle, daß es möglich ist, weil ich sehen kann, wie eine ganze Menge meiner Denkprozesse ablaufen.

HB: Nachdem ich bei Dir über die primäre Rolle des visuellen Denkens bei autistischen Personen gelesen hatte, habe ich nicht verstanden, wie autistische Personen das geschriebene Wort erfassen können. Dann habe ich mich einer Internetgruppe über Autismus zugesellt, und bin rasch über Hyperlexie informiert worden [eine Sache, die eine Obsession für das Schriftliche kombiniert mit Schwierigkeiten in verbaler Komunikation und sozialer Interaktion].
Ich fand, daß geschriebene Sprache, als ein System mit Regeln und ohne Auge-in-Auge Kontakt, für die meisten autistischen Personen wesentlich angenehmer/passender ist als gesprochene Sprache
.

TG: Eine Menge der Kinder, die hyperlexisch sind, lernen, was die Worte bedeuten, wenn sie sie mit einem Bild verknüpfen. Um eine Bedeutung und einen Inhalt zu erhalten, müssen sie sie mit Bildern verbinden.

HB: Ich fragte jemanden im Internet, der extrem gut schreibt, wie eine direkte personelle Kommunikation mit ihm ablaufen würde. Er antwortete mir, daß es sehr viel schwieriger wäre; mein Gesicht würde ihm nicht mehr Informationen mitteilen, als die kleinen Wellen auf einem See.

TG: Das ist genau das, wie es mir ergeht. Ich bekomme keine Informationen von Gesichtern. Wenn ich mit jemandem am Telefon rede, ist das genauso gut, als würde ich ihn sehen; dort kann ich Nuancen auffangen. Dieser ganze Augen-Kram . . .

HB: Es ist wahr, Du schaust mich nicht an.

TG: Augen machen für mich überhaupt keinen Sinn.

HB: Was passiert, wenn Du mir in die Augen schaust?

TG: Ich finde es nicht anziehend, eher im Gegenteil. Augen bewegen sich ständig. Ich konzentriere mich lieber darauf, wie Deine Stimme klingt. Ich möchte Deinem Tonfall zuhören. Dort bekomme ich Hinweise. Es sind die hinweise, die auch Tiere nutzen. Mein Denken hat sehr viel von tierischem Denken. Tiere sind sehr empfindlich gegenüber dem Tonfall. Blickkontakt bedeutet Drohung oder Herausforderung.

HB: Oliver Sacks wählte den Namen für sein Buch Eine Anthropologin auf dem Mars, nach einem Ausdruck, mit dem Du dich selber beschriebst.

TG: Ich mußte alles lernen über wie man handelt oder spielt. Als ich ein kleines Kind war, wußte ich nur, daß ich anders war, aber nicht wieso. Dann kam ich auf das College und las Zeitschriften, die besagten, daß Höhlenmenschen keine Werkzeuge herstellen konnten, ehe sie die Sprache hatten. Ich fragte mich, wieso sie Sprache brauchen sollten, um Werkzeuge herzustellen.
Ich realisierte das volle ausmaß des Unterschiedes nicht, bis ich Thinking in Pictures schrieb und Leute befragte. Es ist dasselbe mit sensorischen Schwirigkeiten. Als ich klein war, taten mir Geräusche in den Ohren weh. Ich wußte abernicht, daß da etwas biologisch anders war mit mir, was die Geräusche komplizierter sein ließ. Ich dachte nur, andere seien einfach stärker. Ich bemerkte nicht, daß meine sensorische Kapazität irgendwie völlig anders war.

HB: Dann ist da jemand wie Jerry Newport, ein ziemlich genialer Mann, der niemals einen Job behalten konnte, teilweise, weil er immer einen seiner Papageien mit zur Arbeit brachte. *60 Minutes* brachte einen Beitrag über ihn, der erzählte, daß für ihn ein Schlüsselmoment geschah, als er sich Rain Man anschaute. Als der autistische Mensch in diesem Film gebeten wurde, 4.343 mit 1.234 in seinem Kopf zu multiplizieren, sagte Jerry Newport 5.359.262 laut, noch bevor Dustin Hoffman die Antwort im film gegeben hatte. Die Leute, die im Kino vor ihm saßen, drehten sich um. Und er sagte zu sich selbst "Uh oh. Ich bin autistisch."

TG: Jerry hat eine *savant* Fähigkeit mit Zahlen; Ich bin nicht in der Lage dies zu tun. Jerry ist nicht so visuell, wie ich es bin. Es ist ein Kontinuum. An diesem Ende hast Du ein Gehirn, daß sehr visuell arbeitet. Dort ist der Jerry Newport Typus - nicht sehr visuell, super mit Zahlen, super Gedächtnis. Irgendwo hier hast Du eine nonverbale, schwerstbehinderte person, die ständige Beaufsichtigung erfordert. Wenn Du Dich von Jery fortbewegst, werden die sensorischen Schwierigkeiten schlimmer. Donna Williams [Autorin von Nobody Nowhere: The extraordinary autobiography of an autistic - (Ich könnte verschwinden wenn Du mich berührst)] ist irgendwo an dieser Stelle. Ihre sensorischen Schwierigkeiten sind so schlimm, daß sie nicht sehen und hören kann zur gleichen Zeit. Sie muß entweder zuhören, oder sehen; sie kann nicht beides simultan tun.

HB: Du schreibst auch über autistische Personen, die Geräusche als Farben wahrnehmen, die das Flackern einer 60 Hertz Glühbirne sehen und davon irritiert sind, und die weit besser hören können, als im normalen Rahmen liegend.

TG: Trotz, daß ich Antidepressiva einnehme, um meine Reaktionen zu beruhigen, kann ich in einem Hotel sein, und wenn jemand auf der Straße unten pfeift, fängt mein Herz heftig an zu Klopfen.

HB: Eine Frau im Internet beschrieb ihren autistischen Sohn, der gewöhnlich nicht sehr verbal ist, daß er sich auf Television und Antennen fixiert hat, und wie dies alles funktioniert. Woher diese Faszination für das Fernsehen?

TG: Wir bekamen einen Fernseher, als ich etwa fünf war, und ich schaute dann immer die Howdy-Doody Show. Ich wußte, es kam durch die antenne auf dem Dach, also ging ich einmal nach draußen, um zu schauen, ob ich die Bilder dort sehen konnte. Ich dachte, dort seien ein Bild und noch ein Bild, wie die Bilder einer Photofilms, die dort in die Antenne wandern.
Ich wußte, wo die Station war ein großer hoher Turm, aber ich sah nie, wie die Bilder dort herauskamen. Ich fragte mich, wie Howdy Doody die Antenne hinunterkam bis in den fernseher, wie er durch die ganzen Drähte hinunterkomen konnte.


HB: Wie kann eine korrekte Diagnose einer autistischen Person helfen?

TG: Sie ist sich dann darüber im Klaren, daß ihre Denkprozesse anders sind. Ich bin oft in Streitereien geraten bei Ingeniersarbeiten. Ich sagte dann immer, wie können diese Ingenieure so dumm sein? Können sie denn einfach nicht sehen, daß es nicht funktionieren wird?

HB: Du schreibst, daß ein gewisses Maß an guter alter autistischer Rigidität Dir gut tun kann. Es hilft Dir, Deine Arbeit zu erledigen.

TG: Es verleiht mir Motivation. Wenn ich die Antidepressiva schon im College genommen hätte, dann hätte ich vermutlich nicht so viel erreicht. Der Antrieb hätte mir vermutlich gefehlt.
Bei autistischen Personen ist inzwischen eine starke Tendenz, zu sagen, die Welt sollte sich ihnen anpassen. Ich denke, ein wenig Kompensation für sensorische Probleme wäre notwendig. Aber was die meisten wirklich tun sollten ist, sich selbst in einer Sache wirklich fit zu machen, wirklich gut, wie zum Beispiel bestimmte Kunst, oder Computer Programmierung, was sie dann als Job verrichten können. Es gibt diese Tendenz zu sehr zu jammern und nicht genug darauf zu achten, die eigenen Talente auszubauen.


HB: In Deinem ersten Buch, Emergence, Labeled Autistic (Durch die gläserne Tür), schreibst Du über "Die Angst, daß meine Emotionen mich überwältigen und ich meiner Bestimmung nicht gerecht werde." Ist es verbreitet unter autistischen Personen, zu fühlen, daß da etwas besonderes mit ihnen ist, und daß sie eine Bestimmung haben?

TG: Bei vielen nicht. Zum Glück hatte ich einen guten Wissenschaftslehrer, der meine Fixierungen in Richtung der Wissenschaften zu lenken fertigbrachte.

HB: Emergence, ... wurde mit jemandem zusammen geschrieben. Jegliche Unebenheiten wurden geglättet. Dein neues Buch, Thinking in Pictures, hast Du alleine geschrieben, und es hat stellenweise Anzeichen von Autismus, abrupte Wechsel, plötzliche Gedankensprünge, denen man als Leser nicht immer so leicht folgen kann.

TG: Diese Gedankensprünge sind für mich selber offensichtlich. Ich werde ein weiteres Buch schreiben, in dem ich zu erklären versuche, wie assoziatives Denken funktioniert, so wie Links im Internet. Du kannst eine Webseite über Fahrräder finden, und es kann sein, daß Du wissen möchtest, wie man von Fahrrädern zu Hunden kommt. Vielleicht ist da irgendwo was über Hunde, die Fahhrädern nachjagen. Und dann gibt es einen Link zur Gehorsamkeitserzihungfür Hunde. Es steckt eine gewisse Logik dahinter. Es ist nicht total irrational.

HB: Du schreibst: "Wenn ich beschreiben möchte, wie ich wirklich über etwas fühle, dann kann ich mich selbst besser ausdrücken, wenn ich schreibe."

TG: Ich stehe den Emotionen im Schreiben näher als im Mündlichen. Wenn ich ein Interview gebe wie dieses hier, dann habe ich dafür viel zu viele gespeicherte Dinge zu sagen.

HB: Mein Job ist es, dahinter zu gelangen.

HB: Du stellst immer zwei Arten von Vergleichen zu Dir an. Einer ist zu Tieren.

TG: Tiere erwarten nicht viel von Dir. Sie sind einfach. Ich fühle mich sehr ruhig, wenn ich ich Rinder um mich habe.

HB: Der andere Vergleich ist zu Software und Maschinen -- zum WWW, dem Internet, Computern.

TG: Bevor ich den Computervergleich nutzte, sprach ich immer von Photos und Filmen in meinem Kopf. Der Grund, warum ich das Internet als symbolischen Vergleich verwende ist, weil dort draußen nichts anderes ist, was meiner Art zu denken ähnlicher wäre. Die Art, wie die Seiten assoziativ verlinkt sind ist exakt die Art wie ich denke.
Ich sage Leuten, wenn Ihr wirklich verstehen wollt, wie ich denke, warum geht Ihr dann nicht einfach ins Internet und tippt das Wort "Streetcar" ein. Fangt dort an, und seht mal, wohin es Euch führt.

HB: In gewisser Weise ist der Tag des Autismus gekommen, mit Rain Man, Deinen Büchern, Oliver Sacks, Stephen Spielbergs Film über Jerry und Mary Newport. Und Du deutest an, daß dies nicht nur zufällig so sei. Dies ist das Zeitalter des assoziativen Denkens, das Zeitalter des Internet. Und wir sind fasziniert von den Beziehungen zwischen Mensch und Maschine, davon, daß Maschinen feindlich oder freundlich werden, von Leuten, die lernen, für Maschinen zu fühlen. Denke zum Beispiel an Bladerunner und die Terminator Filme.

TG: Spielberg war zu einem Zeitpunkt sogar daran interessiert, einen Film über mich zu drehen. Ein Grund, warum er es nicht tat, ist, daß es keine Romantik enthält. Er wollte ein Liebesinteresse. Und das habe ich einfach nicht.
die Angst wird stärker, je älter ich werde. Wenn ich antidepressiva im College genommen hätte, dann hätte es meine Antriebskraft und meine Motivation gehemmt. Wenn ich sie in meinen frühen dreißiger nicht genommen hätte, dann hätte ich Nervenzusamenbrüche erlitten.
Angst ist ein sehr großes Problem für viele autistische Menschen. Ich habe zwei meiner autistischen Freunde dazu überredet, Prozac auszuprobieren, und sie sagen, es sei das Beste, was ihnen je passiert sei. Es hat ihnen geholfen, ruhiger zu sein, so daß sie mit den Dingen auf der Arbeit besser zurechtkommen. Eine der beiden ist eine Dame, die Schaltkreise entwirft um automatische Fabrikanlagen zu kontrollieren, wieder eine spezialisierte Sache, für die sie dich selber fit gemacht hat.
Es gibt eine starke genetische Komponnte im Autismus. Viele Eltern autistischer Kinder sind Doktoren und Ingenieure, brilliant und sozial einsam. Es verbraucht eine Menge Plattenspeicher im Gehirn, um sich am Sozialisieren zu erfreuen und die ganzen Emotionen zu integrieren. Autisten haben all diesen Platz noch frei.

HB: Star Trek's Data war ein Held für Dich. Du sagst, wenn er einmal all die ganzen menschlichen Emotionen hätte, die er sich wünscht, dann wäre er nicht mehr so ein nützlicher hochgeschwindigkeitsrechner.

TG: Es gibt Theorien über die Kanalisation im Gehirn, was bedeutet, daß spezielle Schaltkreise ausfallen, und alle Hirnkapazität auf eine einzige Sache umgeleitet wird, wie zum Beispiel das visuelle Denken. Meine Emotionen und die Informationen in meinem Bewußtsein sind nicht nahtlos miteinander verschmolzen. Sie vermischen sich nicht notwendigerweise. Ich kann Emotionen komplett von Erinnerungen separieren. Ich kenne Menschen, die nicht einmal ihre Erinnerung an, sagen wir, ihre Scheidung, anklicken können. Ich kann zumindest die Datei öffnen und hineinschauen.

HB: Du zitierst Leo Kanner, den Mann, der 1943 die Diagnose des Autismus entdeckt hat, daß er sagte, daß autistische Menschen, die erfolgreich sind, die gleichen sind die einige profunde Erfahrungen des sich-selbst-Erkennens in ihrer Jugendzeit haben.

TG: Sie mußten erkennen, daß sie einige ihrer Wege ändern mußten. Für mich waren es Mentoren, die mir halfen zu realisieren, daß es einige Dinge gab, die ich ändern mußte.

HB: Glaubst du, daß es möglich ist, daß für einige Menschen der entscheidende Einfluß aus einem Buch kommen kann?

TG: Ja. Mir haben einige autistische Menschen geschrieben, die mir sagten, ich habe Dein Buch gelesen, und endlich weiß ich was ich bin.

HB: Was liest Du so?

TG: Viel Tatsachen-Kram, wissenschaftliche und Neuigkeiten Magazine. Und das Lesen über gutes Design erfreut mich. Einige Tier-Rechts-Verfechter wollen sämtliche Fleischfabriken schließen. Ich möchte ein praktisches Design entwerfen um sie besser zu machen. Meine Designs werden in einem drittel aller Schlachthöfe dieses Landes verwendet.

HB: Du versuchst, die Angst der Tiere auf ein Minimum zu reduzieren.

TG: Die Tiere haben vor denselben Dingen Angst, die auch autistische Kinder verschrecken, etwas, daß fehl am Platze aussieht, eine Wasserpfütze, ein Stück Papier auf dem Boden, glänzende Dinge, Leute, die sich vor ihren Köpfen bewegen.

HB: Du implizierst Du Frage, "Warum haben ein Leopard in einem Käfig im Zoo und Autismus Gemeinsamkeiten?" Wie lautet die antwort?

TG: Das ruhelose Umherlaufen. Der Leopard tut es aufgrund sensorischer Deprivation. Der Autist tut es aufgrund der überwältigenden Fülle an sensorischer Stimulation, er muß umherwandern und schaukeln, um die schmerzhaften Stimuli abzublocken.

HB: Was ist mit Autismus und Humor?

TG: Mein Humor ist ebenfalls visuell. Und eine Menge meiner Emotionen sind einfacher, wie die von Kindern. Ich laufe durch den Flughafen, lachend. Ich parke auf dem Parkplatz, und drei Mal, als ich dort war, lag da eine tote Taube. Und ich fing an darüber nachzudenken, was wäre wenn ich die tote Taube aufhebe, wo könnte ich sie plazieren? Ich sah ein kleines Loch im Balkongeländer und dachte, sie dort halb hineinzustecken. Es gibt eine Menge Skulpturen am Flughafen, also dachte ich, es würde die Taube aussehen lassen wie einen Teil einer Skulptur. Ich bin über diese tote Taube ständig herübergestiegen dort am Flughafen. Denver hebt seine toten Tauben einfach nicht auf. Ich dachte darüber nach, sie einfach vor die Tür der Instandhaltungsbehörde zu legen.

HB: Und der Humor anderer Leute?

TG: Ich muß es lernen, zu welcher Zeit Leute Spaß machen. Da habe ich Schwierigkeiten mit.

HB: War da irgendwas anderes noch, außer Data und Spock, was Du an Star Trek mochtest?

TG: Es waren die klar umrissenen moralischen Prinzipien. Ich mag es, daß meine Moral einfach ist. Ich bin intellektuell komplex wenn es um Wissenschaft und entwerfen von Anlagen geht, aber emotional bin ich ein Kind. Ich habe die emotionale Komplexität quasi gegen intellektuelle Komplexität eingetauscht.

HB: Nutzt Du noch Deinen Berührungsapparat?

TG: Wenn ich zu Hause bin. Aber ich bin nie viel zu Hause. Ich habe gelernt ohne auszukommen. Die meiste Zeit habe ich damit verbracht, dem größten Streß auszuweichen. Irgendwie habe ich gedacht, wenn ich meine Psyche analysieren könnte, dann wäre ich nciht mehr so nervös. Ich habe Jahre damit zugebracht, bis Medikamente auftauchten.

HB: In welcher Vebindung stehen Streß und Angst zum visuellen Denken?

TG: Ich glaube nicht, daß sie das tun. Ich dachte immer, es muß einen psychologischen Grund für die Angst geben. Ich dachte nicht, daß es biologisch sei, rein biologisch.

HB: Einfach verquere Verkabelungen.

TG: Ja. Das ist Teil des Syndroms. Das Nervensystem ist hyper hyper hyper. Das sympthische Nervensystem läuft auf Hochtouren die meiste Zeit bei vielen autistischen Menschen.
Ich hatte Panikattacken wegen nichts. Das Bewußtsein sein lassend was es ist, versuchte ich, sie irgendwomit zu verknüpfen. Meiner Bestimmung zu folgen hatte damit zu tun, mit meinem Denken die Angst verschwinden lassen. Ein mißbrauchtes Kind hat Grund für die Angst. Sie ist Trauma-induziert. Das hatte ich nicht. Mein Gehör ist überempfindlich, mein Berührungssystem ist überempfindlich und Stimulationen die für die Meisten anderen unbedeutend erscheinen triggerten eine Angstreaktion in mir. Rein biologisch.

HB: Am Schluß von Thinking in Pictures sagst Du, daß Du es mögen wrdest, wenn der Ort an dem ein Tier stirbt, als ein heiliger Ort verstanden würde: "Es ist notwendig Rituale in die konventionellen Schlachtfabriken einzuführen . . . Nicht Worte. Einfach ein Moment der Stille. Ich kann es perfekt vor mir sehen."

TG: Ein Tier zu töten ist nicht dasselbe wie den Rasen mähen. Ein Leben endet. Das ist etwas, was man ernst nimmt. Was bedeutet das Wort "Heilig"? Du behandelst es nicht wie eine gewöhnliche Sache. Rinder töten ist nicht dasselbe wie Korn durch eine Mühle zu schütten.

HB: Was denkst Du über Religion?

TG: Als ich in der fünften Klasse war, schien es mir lächerlich, daß eine Religion besser sein sollte, als eine andere. Es war für mich mehr wie Telefongesellschaften. Sie machen alle dieselben Dinge, ob es die Telekom, Arcor, oder eine andere ist.

HB: Du sagst, daß wenn Du bei einem Tier bist, weiß Du, wie es sich fühlt, genau wie ein Arzt dies können müßte mit einem Patienten.

TG: Aber sie sehen es nicht.

HB: Du meinst das wörlich oder? You mean that literally, don't you?

TG: Ich denke schon.