Kontaktfäden:

Stell Dir vor, zwischenmenschliche Kontakte seien wie Fäden, angewachsen am Menschen, aber frei beweglich und immer auf der Suche nach der Faden-Kontaktstelle bei anderen Menschen. Der normale Mensch *hat* diese Kontakte, muß sich nicht großartig darum kümmern, sie fallen ihm einfach zu, wenn ein neuer Faden einen Kontaktpunkt geknüpft hat. Das Einzige, worum er sich kümmern muß, ist, daß die Fäden nicht reißen, durch Überbeanspruchung, oder aber aus der Kontaktstelle rutschen, weil sie zu locker hängen. da er seine Aufmerksamkeit aber gleichmäßig verteilt hat, auf viele viele Fäden, fällt ihm das nicht sonderlich schwer.

Jetzt stell Dir vor, Du bist ein Mensch, bei dem diese Fäden nicht wachsen. Du mußt Dir Ersatzfäden beschaffen, und diese mit den Händen festhalten, weil sie ja nicht angewachsen sind. Zudem mußt Du sie bewußt auswerfen nach den Kontaktstellen der Fäden anderer Menschen, denn sie suchen nicht selbständig, sind keine natürliche Erweiterung Deiner Selbst. Diese Fäden können nicht nur reißen, oder durch zu loses Hängen aus der Kontaktstelle rutschen, sie können zusätzlich noch aus Deinen Händen gleiten. Erschwerend kommt hinzu, daß Du Deine Aufmerksamkeit nur schwerlich splitten kannst - konzentrierst Du Dich auf einen Kontaktfaden, dann sind die Anderen fast ausgeblendet, und hängen recht lose - Du kannst nur hoffen, daß sie nicht zu lose hängen und Du schlußendlich den Faden neu auswerfen mußt, weil die Kontaktstelle verloren gegangen ist. Es ist Dir nicht möglich mehrere Fäden gleichzeitig zu beobachten. Zudem ist es schwierig, bewußt zu steuern, wie feste Du ziehen darfst, ohne daß der Faden reißt, wie lose Du ihn hängen lassen darfst, ohne daß er den Kontaktpunkt verliert, und wieviele Fäden Du maximal halten kannst, ohne daß Dir einige andauernd durch die Finger gleiten.

© Diana, Januar 2002