Über die Aufgabe
hinaus, ein reizvolles Problem heilpädagogischer Diagnostik und Therapie
darzustellen, hat dieser Abschnitt im Gefüge des ganzen Werkes eine wichtige
Aufgabe: nämlich zu zeigen, daß menschliche Existenz immer ihre Schwierigkeiten
und Gefährdungen hat, daß niemandem etwas geschenkt wird, ohne daß
er es mit ganz spezifischen Belastungen erkaufen, man könnte auch sagen:
verdienen müßte. Dichter und Biographen, die imstande sind, Menschen
in ihrer ganzen Komplexität, ihrem Tiefgang zu schildern, haben immer wieder
beschrieben, wie gerade die höchstbegabte, die geniale Persönlichkeit
immer ,,ein Mensch mit seinem Widerspruch ist. Das ging so weit, daß
für manche Beschreiber ,,Genie und Irrsinn in gesetzmäßigem
Zusammenhang gesehen werden, daß die Biographie eine Pathographie wird!
Nicht zuletzt soll aber von uns mit der Schilderung in diesem Kapitel der mancherorts
herrschenden Auffassung entgegengetreten werden, die Heilpädagogik habe
sich nur mit der Betreuung gestörter, vor allem intellektuell defekter
Kinder zu beschäftigen. Eine solche Einstellung würde das Bild dieser
schönen Wissenschaft sehr verengen. Nur dann versteht man ja ,,das Kind
wirklich, wenn man die Breite seiner Erscheinungsformen kennt, freilich
auch die unabdingbar mit jeder Ausprägung verbundenen Schwierigkeiten in
den Blick bekommt. Aber diese Handikaps bedürfen ebenso des Verstehens
und der Hilfe, wie die geistig Behinderten das brauchen.
Sehr energisch soll aber auch denen widersprochen werden, denen das Wort ,,minderwertig
allzu leicht über die Lippen kommt. Die Zeiten, die unmittelbar hinter
uns liegen, müßten uns doch gelehrt haben, welche zutiefst inhumanen,
ja mörderischen Konsequenzen das zwangsläufig nach sich zieht: das
Wort ,,lebensunwert liegt dann nicht mehr fern! Nun waren die Menschen
von solcher Einstellung ja völlig blind gegenüber der Tatsache, daß
sie selber, die sich rassisch und charakterlich so hochwertig dünkten,
mit ihrer eiskalten und irrealen Ideologie und mit manchen anderen ,,psychopathischen
Zügen schwer abnorme Persönlichkeiten waren und sich aus dem Kreis
des Menschlichen aussehlossen. Einer der
Mächtigsten der damaligen Zeit sprach von ,,Intelligenzbestien -
spottete er seiner selbst? oder war ihm, der sich damit selber malte, wider
Willen die Wahrheit entschlüpft, daß eine hohe Intelligenz, wenn
sie nicht gehalten ist von Gemütskräften, sehr wohl verbunden sein
kann - wir meinen:
ursächlich verbunden - mit gefährlichen charakterlichen Anomalien?
Angesichts solcher, für viele Mitmenschen verhängnisvoller Lebensläufe
erhebt sich eine Grundfrage der Psychotherapie, kaum zu beantworten freilich:
Hätte eine früh einsetzende Behandlung, welche die in der Zukunft
drohende charakterliche Entwicklung mit all ihren komplizierten Kausalitäten
erkannt und in diese eingegriffen hätte, das Unheil abwenden können?
Angepaßt
- Unangepaßt
Intellektuell hochstehende Typen erregen früh Konflikte mit ihrer Umgebung,
früher meist als geistig unterentwickelte. Diese letzteren passen sich
mit primitiven Mitteln, mit gut funktionierenden Instinkten, oft recht gut an
die gegebene Situation an, die Eltern glauben, es würde sich schon alles
entwickeln, wenn auch etwas verspätet; auch in den sozialen Kontakten reagieren
sie, von ihren Instinkten geführt, einigermaßen normal. Und wenn
nicht einzelne Defekte stark hervortreten, z. B. ein Sprachrückstand, entdecken
Eltern manchmal erst spät, etwa erst bei der Einschulung, daß eine
Entwicklungshemmung vorliegt (recht tragisch, denn dann hat man oft schon viel
an Förderungsmöglichkeiten versäumt).
Anders ist es bei den intellektuell Vorentwickelten. So große innere Schwierigkeiten
sie auch oft haben, eignet ihnen meist eine starke, überdurchschnittliche
spontane Aktivität, die sie rücksichtslos ins Spiel bringen. Sie erkennen
die vorgesetzten Verhaltensregeln nicht an, sie ,,müssen ihren eigenen
Weg gehen und dieser widerspricht oft den gestellten Vorschriften, verursacht
Konflikte mit dem Lehrer, natürlich auch mit den Eltern sowie mit den Kameraden.
Die Kinder, die wir in diesem Kapitel behandeln, sind nicht die ,,gut Angepaßten,
welche ohne Widerstand das ihnen Aufgegebene ausführen, brav lernen, ohne
nach links oder rechts zu schauen, ohne nur im geringsten von dem ihnen vorgeschriebenen
Weg abzuweichen. Auch ihr sonstiges Verhalten ist ohne Tadel, die Noten in ,,Betragen
(in den früheren Zeugnissen hieß es sogar in einem moralisierenden
Jargon:
,,Sittliches Betragen) sind die bestmöglichen. Solche ,,Vorzugsschülertypen
zählen aber gewöhnlich nicht zu den ,,Hochbegabten. Schon der
Volksmund weiß, daß aus Kindern mit guten Schulzeugnissen im späteren
Leben öfters nicht viel wird, während andererseits Menschen, die sich
als Genies herausstellen, schlechte Schüler waren; also natürlich
gibt es Hochbegabte, welche alle Schulanforderungen spielend gemeistert haben
und die sich dann auch im Leben voll bewähren. So gehört für
uns zum Begriff hoher (intellektueller) Begabung die Fähigkeit, logisch
zu denken, gewiß auch sprachlich gut zu formulieren, vor allem aber eine
Spontaneität in der Zuwendung zu geistigen Problemen, in eigenständigen
Interessen, in der Kritik anderen und sich selbst gegenüber. (Diese Fähigkeit,
sich selbst - und damit auch andere - zu erkennen, als ,,gnothi sauton
auf dem Giebel des Apollotempels zu Delphi aufgeschrieben, stand ja am Anfang
des Abendlandes, ja hat dieses geradezu begründet.) Und eben diese Fähigkeit
offenbart sich bei Hochbegabten deutlich schon im Kindesalter in bohrenden,
nicht nachgebenden Fragen, in selbständigen und kritisch ausgeführten
Versuchen (,,learning by trial and error nach Dewey).
Es ist klar, daß solche Kinder nicht ,,bequem sind, sondern in der
Familie wie in der Schule beträchtliche Probleme bereiten (,,problem children
in der angelsächsischen Literatur). Der Respekt vor dem Erwachsenen, vor
der Autorität, steht bei ihnen nicht hoch im Kurs. Viel wichtiger ist ihnen,
was sie selber meinen. Die beiden Wahlsprüche des Theophrastus Paracelsus:
,,sapere aude!, ,,wage es zu denken! und ,,alterius non sit, qui
suus esse potest, ,,keinem anderen soll gehören, der Er Selber sein
kann - sind Ausdruck dieser Fähigkeit, dieser Geisteshaltung, und
das findet sich eben auch schon bei jungen Kindern.
Konflikt-Terrain
Schon im Kleinkindalter und schon in der Familie ergeben sich bei solchen Kindern
schwere Konflikte, vor allem dann, wenn Eltern der Auffassung sind, das Kind
,,gehöre ihnen als Eigentum, über das sie beliebig verfügen
könnten, anstatt daß sie es von Anfang an als eigenständige
Person respektierten (die man wohl solange leiten muß, wie sie zur Freiheit
noch nicht imstande ist, bei der man aber der Selbständigkeit, sobald sie
nur aufblitzt, Raum zu geben hat).Aber
es ist klar, daß es verschiedene Auffassungen geben kann - nicht nur verbal,
sondern im gegenseitigen Sich-verhalten -, wie weit die Selbständigkeit
des Kindes zu gehen hat. Die Erscheinungsformen solcher Konflikte sind vielfältig:
von den noch unreflektierten, aber sehr wirkungsvoll agierten Trotzreaktionen
des Kleinkindes, über Aggressionen oder ,,asthenisches Sich-zurückziehen
in Angst und Hemmung, bis zu überlegten und darum nicht ungefährlichen
Bosheitsakten.
Nicht weniger vielfältig
sind die Konfliktmöglichkeiten bei hochbegabten Kindern
in der Schulsitutation (was verwunderlich scheinen könnte, da ein solches
Kind hier doch die besten Chancen haben sollte!). Aber es mag gar nicht daran
interessiert sein, was der Lehrer vorbringt und wie er es tut; es hat manchmal
seine eigenen Denk- und Arbeitsmethoden und ist nicht gewillt, denen des Lehrers
zu folgen, und sagt das oft auch dem Lehrer höchst respektlos ins Gesicht.
Und besonders wenn der Lehrer eitel, von der Perfektion seiner Methoden überzeugt,
nicht fähig zu einem Gespräch mit einem Kind ist, dann gibt es Krieg,
den das Kind infolge des Einsatzes disziplinärer Mittel verlieren muß,
den aber auch der Lehrer, der da geistig nicht überlegen ist, nicht gewinnt.
Ist die geistige Begabung des Kindes wirklich überragend, so wächst
das Kind schließlich über die Konflikte hinaus; aber es kann in ihm
viel zerstört worden sein, vor allem an der Fähigkeit, sich sozial
zu verhalten.
Dem aufmerksamen Leser mag aufgefallen sein, daß sich in unserer Beschreibung
vieles mit dem deckt, was im Kapitel über den kindlichen Autismus geschildert
wurde. Und tatsächlich gibt es da Beziehungen. Die starke Spontaneität
im Denken und Handeln, die guten Abstraktionsleistungen, die eigenständige
Sprache - das war hier und dort zu beschreiben; auch die Art der Konflikte,
die wir eben geschildert haben, finden wir bei unseren ,,Autisten. Wollen
wir versuchen, die ,,Hochbegabten, über deren Typenzugehörigkeit
nichts auszusagen ist, und die Autisten gegeneinander abzugrenzen, so ist wohl
die Kontaktstörung der Autisten, sind die herabgesetzten Beziehungen zu
anderen Menschen das unterscheidende Kriterium. Es ist aber zu sagen, daß
die heilpädagogischen Forderungen hier und dort die gleichen sind.
Vom Umgang mit
Hochbegabten
Es wurde in diesem Werk schon des öfteren gesagt, daß die Heilpädagogik,
die Beschäftigung mit aus der Durchschnittsnorm herausfallenden Kindern,
die Pädagogik vieles lehren kann. Hier wäre von der Schule zu fordern,
daß der Lehrer in jeder Hinsicht individualisieren muß; er soll
nicht die Aufgabe sehen, eine Masse von Schülern einem gemeinsamen ,,Klassenziel
zuzuführen, streng an den für alle verpflichtenden Lehrplan gebunden.
Natürlich muß im Unterricht Ordnung herrschen und der Lehrer hat
den Verlauf zu führen, es darf sich die Arbeit nicht in ein Geplauder innerhalb
der Klasse auflösen. Aber der Lehrer darf sich freuen, wenn ein Kind zum
Lehrstoff eigene Beiträge, ihm aufblitzende Erkenntnisse hinzufügt.
Der Lehrer wird das in seine Unterrichtsgestaltung einbauen, dafür fruchtbar
machen, wird auch originelle sprachliche Formulierungen eines Kindes voll anerkennen.
Überhaupt gehört ja die ,,naszierende Sprache des hochbegabten
Kindes zu Erfreulichstensten, was einem fühlsamen Menschen begegnen kann:
die Welt wird neu in der Kindersprache (und man darf sich darüber schämen,
wie abgegriffen, ja verderbt die Umgangssprache, auch die Sprache der Reklame
und der Politiker geworden ist).
Aber der Lehrer, der das Glück hat, ein hochbegabtes Kind in seiner Klasse
zu haben, soll diesem nicht nur in seinen Interessen und seinen Erkenntnissen
Raum geben, sondern er soll diese auch selber zu fördern bestrebt sein.
Denn die Fortschritte eines solchen Kindes kommen nicht nur aus seinen angeborenen
Fähigkeiten, sondern es werden Anregungen von außen willig aufgenommen
und in die Persönlichkeit eingebaut. Der Verfasser dieses Beitrags erinnert
sich gern an ,,Erweckungen durch begeisterte Lehrer, auch an die Stunden,
die er, mit Kameraden, in der Wohnung dieses oder jenes Lehrers verbrachte bei
Gesprächen, beim Umgang mit den Büchern des Lehrers - und er weiß,
daß diese Erlebnisse aus dem Gewirk seines Lebensschicksals nicht wegzudenken
sind.
Es ist unbedingt notwendig, daß der Lehrer Sonderbegabungen und Sonderinteressen
eines Kindes (die manchmal recht isoliert sind) erkennt, daß er sie bejaht
und von der Warte des lebenserfahrenen und einsatzbereiten Erziehers zu fördern
sucht. Es ist schlimm, wenn dem Lehrer solche Äußerungen des Kindes
(die freilich oft sehr respektlos vorgebracht werden) nur lästig und störend
sind, wenn er ,,mit Rücksicht auf die Klassen-disziplin so etwas
abschneiden will. Sicher kann er damit in einer kindlichen Seele Schaden anrichten
- es sei denn, daß ein hochbegabtes Kind an solchen Widerständen
wächst, aber wer vermag solche komplexen Kausalitäten ganz zu durchschauen?
Aus dem eben Gesagten dürfte aber deutlich hervorgehen, daß dem hochbegabten
Kind nur eine Schule frommt, die gut zu differenzieren vermag, die also diesem
Kind erhöhte Anforderungen stellt, sonst ist es unterfordert, die Schule
ist ihm langweilig, es beteiligt sich nicht und entwickelt auch seine Fähigkeiten
nicht so, wie das möglich wäre (umgekehrt sind ja weniger begabte
Kinder in einer Schule, wo man sich auf die Besseren einstellt, leicht überfordert,
es kann sich eine schwere Entmutigung bei diesen einstellen).
So erheben sich bei erfahrenen Pädagogen Bedenken, wenn man Kinder, die
sich in der intellektuellen Begabung allzu sehr unterscheiden, in einer Klasse
zu ,,integrieren versucht. Es ergibt sich die Gefahr, daß sich dann
die Klasse ,,nach unten nivelliert (,,Da alles gleich - ei ja, weil alles
niedrig!, F. Grillparzer im ,,Bruderzwist in Habsburg). Gewiß,
man verlangt in der heutigen soziologischen Situation mit Recht für alle
Kinder
,,Chancengleichheit man will allen gute Aufstiegsmöglichkeiten zukommen
lassen. Aber es hat sich im Lauf der Zeiten immer wieder gezeigt, daß
Hoch- oder gar Höchstbegabte ihre Chance zu wahren wußten, daß
sie auch in einem höchst schwierigen Milieu ihren Weg fanden.
Aber wie immer man sich zur Frage der integrierten oder von einer bestimmten
Schulstufe an differenzierten Schule stellen mag, eins sollte feststehen: Hochbegabte
Kinder brauchen einen Lehrer, der nicht in Routine und fest umgrenzten Lehrplänen
erstarrt ist, einen, der die Besonderheit und Einmaligkeit des Kindes erkennt
und damit umzugehen vermag, der geistig damit korrespondiert, der auch die Schwierigkeiten,
die solche Kinder nach dem Bildungsgesetz ihrer Person bereiten müssen,
erträgt, ja für das Kind fruchtbar macht, etwa dadurch, daß
er das Kind schon früh zur Selbsterkenntnis und Selbstkritik geleitet.
Für solche Arbeit gerade an hochbegabten Kindern wird der Lehrer ja reich
belohnt: er darf menschliche Kreativität miterleben, ja er darf sogar etwas
so Kostbares fördern. Dabei ist es keineswegs so, daß schöpferische
Leistungen eines jüngeren Kindes unter denen eines älteren Menschen
stehen müssen, sie können vielmehr ganz gleichwertig sein, man denkt
hier an den tiefsinnigen Mythos von Pallas Athene, der Göttin geistiger
Schöpferkraft: Sie wird nicht als hilfloser Säugling geboren und wüchse
erst langsam heran; nein, sie springt vollgerüstet, im Besitz aller ihrer
Kräfte, aus dem Haupt des Zeus!
Haben wir eben davon gesprochen, wie großartig schöpferische Leistungen
sein können, so darf nicht vergessen werden, daß es für das
Leben, vor allem das Zusammenleben mit anderen, nicht nur auf die Intelligenz
ankommt, sondern, nicht weniger bedeutsam, auf menschlichen Kontakt, auf Rücksichtnahme
auf andere, auf die Fähigkeit, ,,mit anderen zu sein, also auf Gemüts-,
Gefühlswerte. Sicherlich ist es für den Lehrer schwieriger, auf solche
Fähigkeiten hin zu erziehen als auf intellektuelle. Aber auch das muß
er versuchen, mehr als durch Worte durch Erlebenlassen von Beispielen aus dem
Leben. Wir haben schon gesagt, daß Hochbegabte deutliche Berührungspunkte
mit autistischen Kindern haben oder zweifelsfrei zu dieser interessanten Gruppe
von Charakteren gehören. So wird es aber evident, wie schwer es sein muß,
gerade auf dem Gebiet dieser sozialen Erfordernisse ,,Lebenshilfe zu leisten.
Der Lehrer darf sich dieser Aufgabe nicht entziehen.
Wir haben die Problematik des hochbegabten Kindes in der Schule ausführlich
behandelt. Das war notwendig, denn hier scheinen die großartigen Möglichkeiten
dieser Kinder zuerst auf, hier erheben sich gesetzmäßig die dazugehörigen
Konflikte. Was ist nun in der Familie zu tun?
Die Eigenständigkeit, das unbekümmerte Durchsetzen der eigenen Interessen,
das diesem Typus eignet, das macht auch in der Familie beträchtliche Erziehungsschwierigkeiten,
zumal wenn die Eltern ähnlich geartet sind (und von wem sollte denn das
Kind anders seine Art haben, nach allen Gesetzen der genetischen wie der sozialen
Vererbung?).
Sind die Eltern, ihrer Begabung nach, Erfolgsmenschen modernen Typs, so bleibt
freilich keine Zeit und keine Motivation für die Förderung des hochbegabten
Kindes und doch wären hier großartige Möglichkeiten gegeben,
so wie in keiner anderen sozialen Gruppierung. Wer könnte so gut wie der
Vater die bohrenden, in die Tiefe menschlicher wie wissenschaftlicher Problematik
gehenden Fragen des Kindes beantworten? Wer könnte es in die Natur, in
die Museen, in die eigene Bücherei führen, wenn nicht er? Wer sollte
nicht tiefe Freude empfinden darüber, daß da jemand den eigenen Weg
fortsetzt, vielleicht gar mit der Chance, noch wesentlich weiter zu kommen -
wenn nicht der Vater? Moderne Psychologen haben die Gefahren beschrieben, die
in einer ,,vaterlosen Gesellschaft drohen; hier gibt es ebenso schwere
Versäumnisse wie Chancen und Erlebnisse für die Eltern, wohl besonders
für den Vater, die das Leben lohnen.
Menschliche Freiheit ist ein hohes Gut, wohl das höchste im Leben. Wir
wissen, wie selten sie sich ganz verwirklicht, wie sehr sie von Kritikschwäche
und von einer ,,dem Gesetz des Geistes widerstreitenden Triebhaftigkeit
eingeschränkt wird. Hochbegabte Menschen sind am ehesten zur Freiheit fähig,
aber es mögen bei ihnen die dabei auszutragenden Kämpfe am schwersten
sein. Die zur Erziehung hochbegabter Kinder Berufenen sollten mit allen ihren
Kräften, durch Erkennen und Führen, ihnen in ihren Schwierigkeiten
zu helfen bestrebt sein.